1935 - 1938
Ferdinand Porsche (1875-1951) macht als Ingenieur immer wieder durch innovative
Konstruktionen auf sich aufmerksam (1902 Lohner Benzin-Elektro-Wagen, 1911
Mörser-Zugmaschine, 1926 Mercedes SSK-Rennsportwagen). Nachdem er bei verschiedenen
Firmen in Österreich-Ungarn (Austro-Daimler) und Deutschland (Daimler-Benz) gearbeitet
hat, gründet er 1931 seine eigene Firma in Stuttgart mit dem Ziel, einen
gebrauchsfähigen Kleinwagen zu konstruieren und auf den Markt zu bringen. So entwickelt
er 1932 den Porsche Typ 12 für Zündapp und 1934 den Typ 32 für NSU. Beide fallen
schnell dem mangelnden Investitionsvermögen der Auftraggeber zum Opfer.
Am 17.1.1934 legt Porsche seine Idee für ein Massenautomobil dem
Reichsverkehrsministerium als "Exposé betreffend den Bau eines deutschen
Volkswagens" vor. Für die durchaus im Zug der Zeit liegenden Pläne - man denke nur
an den Volksempfänger oder an den bereits 1933 von Josef Ganz gebauten Volkswagen
Standard 'Modell Superior' - erreicht Porsche Regierungsunterstützung. So kommt es zu
einem Vertrag mit dem RDA (Reichsverband der Automobilindustrie), der Porsche zum Bau
eines Prototyps seines Volkswagens innerhalb von 10 Monaten verpflichtet.
1935
Den Mitgliedsfirmen des RDA ist die Idee vom billigen Gebrauchswagen suspekt, ihre
Unterstützung für Porsche mäßig, und so entstehen die Typ 60-Wagen als Limousine V1
und Cabriolet V2 (beide mit aufgesetzten Scheinwerfern und nach hinten zu öffnenden
Türen) unter primitiven Umständen in Porsches Stuttgarter Garage.
Das erste VW-Fahrgestell mit Zentralrohrrahmen, der sich hinten zur Motoraufnahme gabelt,
ist im August 1935 fertiggestellt. Mit diesem Datum beginnt die eigentliche
Käfer-Geschichte.
Im September/Oktober wird der Wagen karossiert und unternimmt in der näheren Umgebung
Stuttgarts seine ersten Probefahrten.
Der Wagen besitzt schon die späteren technischen Merkmale des VW wie Drehstabfederung,
luftgekühlten Motor und eine Käfer-ähnliche Karosserie.
1936
Die Typ 60-Serie setzt sich mit den 3 Wagen von VW 3 fort. Sie stimmen weitgehend mit
ihren Vorgängern V1 und V2 überein und besitzen, wie schon der NSU-Wagen, einen
Zentralrohrplattformrahmen. Aus Kostengründen wurden zwei der VW 3-Wagen als
Holz-Blech-Konstruktion ausgeführt, erst Wagen 3 erhielt die vorgesehene
Ganzstahlkarosserie.
Ergebnis der Experimente mit verschiedenen Antriebsaggregaten war die Entscheidung für
den luftgekühlten Vierzylinder-Viertakt-Boxermotor. Nur dieser erwies sich als
vollgasfest (Höchstgeschwindigkeit = Dauergeschwindigkeit) und bewältigte auch die
verlangte Bergsteigefähigkeit von 30 %. Die Unterbringung des Motors im Heck kommt der
Stromlinienform der Karosserie zugute.
Zwischen Oktober und Dezember müssen die VW 3 je 50 000 km Testfahrt bestehen,
strengstens beaufsichtigt und protokolliert von RDA-Experten. Trotz erwiesener technischer
Mängel der in Handarbeit gefertigten "Garagenwagen" kommt der Reichsverband der
Automobilindustrie nicht umhin, die Weiterentwicklung zu empfehlen.
1937
Das Jahr '37 sieht die Herstellung einer Vorserie von 30 Volkswagen (VW 30) im
Daimler-Benz-Karosseriewerk Sindelfingen. Auch diese Typ 60-Wagen haben noch kein
Rückfenster, dessen Platz braucht man für die Lüftungsschlitze der Motorhaube. Der
Deckel der Fronthaube reicht nicht sehr weit herunter, und so gibt es blutige Hände beim
Herausheben des Reserverads hinter der scharfen Kante. Die Scheinwerferfassungen sind nach
vorne herausgezogen.
Zu Testzwecken fahren 120 SS-Männer der Fahrbereitschaft Kornwestheim/Stuttgart die Wagen
unter strengster Geheimhaltung über strapaziöse 2,4 Mio. km. Die Autos dieser Serie
werden auf Regierungsanordnung bis spätestens 1942 ausnahmslos zerstört.
Inzwischen ist der Reichsverband der Automobilindustrie nicht mehr bereit, die hohen
Entwicklungskosten zu tragen, zumal auch der politisch erwünschte Preis von unter 1.000
RM privatwirtschaftlich nicht zu realisieren ist. Einzig totalitäre Maßnahmen
ermöglichen die Weiterführung des Projekts zu den vorgegebenen Bedingungen: Hitler
überträgt der finanzkräftigen Deutschen Arbeitsfront (DAF, die die zerschlagenen
Gewerkschaften abgelöst hat) den Bau des Volkswagens, des Volkswagenwerks und einer
dazugehörigen Stadt.
Zu diesem Zweck wird im Mai die "Gesellschaft zur Vorbereitung des Volkswagens"
(GEZUVOR) gegründet.
Porsche selbst informiert sich in den USA bei Henry Ford und General Motors über moderne
Fertigungsmethoden, um die Kosten weiter senken zu können.
1938
In den 64 Wagen der Vorserie VW 38, nun im Stuttgarter Karosseriewerk Reutter gefertigt,
erreicht der Volkswagen seine endgültige Form: nach amerikanischem Vorbild sind die
Türen jetzt an der A-Säule angeschlagen und schließen in der Mitte, die Scheinwerfer
sind bündig in die Kotflügel integriert, Verbesserungen bei der Motor-Luftzufuhr
erlauben Platz für das in der Mitte geteilte Heckfenster ("Brezelfenster"). Das
Trittbrett verbindet optisch die vorderen und rückwärtigen Kotflügel, und auch
Stoßstangen vorne und hinten gehören jetzt dazu. Technisch entspricht der Wagen mit
seinen 985 ccm Hubraum und 24 PS, 100 km/h Höchstgeschwindigkeit, Vierganggetriebe und
dem luftgekühlten Vierzylinder-Boxermotor weitgehend seinen Vorgängern.
Unterdessen wird im Mai der Grundstein für das DAF-getragene Volkswagenwerk gelegt, am
Mittellandkanal nahe bei Fallersleben. Südlich des Kanals beginnt der Bau der "Stadt
des KdF-Wagens". (Die Organisation "Kraft durch Freude" mit ihren
Programmen zur Erholung und Freizeitgestaltung ist eine Unterabteilung der Deutschen
ArbeitsFront.)
Die Autoherstellungskosten sollen über ein Sparsystem finanziert werden: Künftige
VW-Besitzer beantragen für ihren nun "KdF-Wagen" genannten VW Sparkarten.
Darauf müssen sie Sparmarken zu mindestens 5 RM pro Woche einkleben, dürfen den Preis
von 990,- RM ab Werk aber auch in größeren Raten ansparen.
Obgleich die Volksmotorisierung unter großem Werbeeinsatz der VW 38-Flotte propagiert
wird, ist die Masse der Lohnempfänger schon mit solchen Beträgen überfordert, von
späteren Unterhaltskosten ganz zu schweigen. So spart hauptsächlich der Mittelstand, die
eingehenden Gelder kommen auf ein Sperrkonto.
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