1956 - 1965
1956
Bei den Detailänderungen dieses Jahres stehen Komfortverbesserungen im Vordergrund: durch
einen umgestalteten Tank ergibt sich mehr Stauraum unter der vorderen Haube. Für die
Insassen vergrößert sich der verfügbare Raum durch eine nach hinten versetzte
Rücksitzbank. Um die geringere Kopfhöhe auszugleichen, sinkt man dort tiefer in die
Sitzpolster ein. Komfortablere Vordersitze, die beim Exportmodell in drei verschiedenen
Sitzpositionen einrasten.
Im April wird die aus allen Nähten platzende Fertigung in Wolfsburg endlich entlastet,
das eigens für den Bau von Transportern neuerrichtete Werk Hannover geht in Betrieb.
Im Januar wurde übrigens die Arbeitszeit der VW-Werker von 48 auf 45 Stunden pro Woche
verkürzt.
Ein weiteres Auslandsmontagewerk wird in Südafrika gegründet.
1957
Rundum bessere Sichtverhältnisse bewirken die nach oben und den Seiten vergrößerte
Windschutzscheibe mit erweitertem Scheibenwischerfeld und vor allem das stark
vergrößerte Heckfenster. Dieses verliert seine ovale Form, wird rechteckig. Damit
verkleinert sich das Feld für die Luftschlitze der Motorbelüftung, die Motorhaube
erhält eine neue Form für ein rechteckiges (vorher längliches) Nummernschild. Für das
Gaspedal wird die Tretplatte eingeführt, anstelle der früher üblichen
"Gasrolle" (kleines gerundetes Tretpedal). Seit diesem Jahr hat der Käfer
schlauchlose Reifen. Auch um wirkungsvollere Heizung und Scheibenentfrostung ist man beim
Modell dieses Jahres bemüht.
Ein zweisitziges Cabriolet von Karmann Ghia wird im Oktober auf der Internationalen
Automobilausstellung vorgestellt. Schon seit August läuft die Serienfertigung bei Karmann
in Osnabrück.
Auch auf dem fünften Kontinent ist VW jetzt vertreten, nämlich mit der "Volkswagen
(Australasia) Pty. Ltd." in Melbourne/Australien (bis 1976). Und in Wolfsburg wird am
28. Dezember der zweimillionste VW gebaut.
1958
Brauchte es 1948 noch 109 Arbeiter, um einen Käfer zu bauen, so geschieht das in diesem
Jahr mit nur noch 18 Mann. Trotz dieser enormen Rationalisierung steigt der Bedarf an
Arbeitskräften dank ungebrochener Nachfrage und der Markterschließung in aller Welt.
Der 250. 000. Austauschmotor (seit 1948) wird hergestellt, fast jeder 10. VW läuft in
Deutschland mit Austauschmotor. Diese "runderneuerten" Aggregate ermöglichen
mit ca. 50 % vom Neupreis beträchtliche Einsparungen beim Ersatz defekter Motoren.
Eine besondere Ehre wird VW in den USA zuteil. Als erstes ausländisches Unternehmen wird
das Werk von Vertretern der amerikanischen Ingenieursverbände für seine Verdienste um
"Konstruktion, Herstellung und Verbreitung des Volkswagens" mit dem Elmer A.
Sperry-Preis ausgezeichnet. Nicht nur die Technik findet in der Neuen Welt Anerkennung, es
beginnt eine regelrechte Liebesgeschichte zwischen den Amerikanern und dem Käfer. Das
Spiel: "Wieviele Menschen passen in einen Käfer?" kommt auf. Den ersten
"Weltrekord" darin halten 14 texanische Studenten, bis Jahresende werden sie
aber bereits von 33 Oberschülern aus Oregon überrundet.
Seit August hat der Käfer einen großen Außenspiegel.
1959
Am 7. Januar wird der brasilianische Produktionsbetrieb eingeweiht. In Europa gibt es ein
neues Produktionsjubiläum -die zweite Million ist weniger als zwei Jahre her, am 25.8.
ist die dritte erreicht.
Verbesserungen dieses Jahres betreffen einige technische Details wie z.B. feststehende
Türgriffe mit Drucktaste (vorher Zuggriffe) oder Gummipuffer am Winkeranschlag, die das
charakteristische Klacken etwas dämpfen. Im Innenraum schirmen Abdeckplatten unter den
Rücksitzen das Motorengeräusch noch besser ab. Die Karosserie bleibt unverändert.
Jeglichem Ansinnen, neue Modelle einzuführen, widersetzt sich Chef Nordhoff vehement. Er
sieht mit dem Käfer erst einmal gelassen dem vier- und fünfmillionsten
Produktionsjubiläum entgegen. Lieferfristen von 12 bis 14 Monaten in Deutschland
bestätigen ihn in seiner Haltung.
1960
Bis auf den Standardkäfer erhalten alle Modelle einen 34 PS-Motor und ein
vollsynchronisiertes Getriebe. Alle Modelle - das heißt in diesem Jahr: 1059 verschiedene
Ausführungen, die zusammenkommen, wenn man sämtliche Ausstattungsvarianten der
VW-Personenwagen (auch Sport- und Cabrioversionen) und Transporter zusammenzählt. Eine
dieser Versionen ist die ab September erhältliche Tropenausführung. Hier sind vor allem
gegen Staub, Hitze, Steine und Geröll Vorkehrungen getroffen.
Allgemeine Verbesserungen: Die neu eingeführte pneumatische Scheibenwaschanlage und
asymmetrisches Abblendlicht sorgen für mehr Sicherheit. Die Winker verschwinden auch bei
den Inlandsmodellen zugunsten von Blinkleuchten. Eine überarbeitete Tankform führt zu
sehr viel mehr Platz im vorderen Kofferraum.
Bis Mitte des Jahres werden 500 000 Volkswagen in die USA exportiert. Dies ist nicht
zuletzt der im Vorjahr gestarteten Werbekampagne der Agentur DDB (Doyle-Dane-Bernbach
Inc.) zu verdanken. Im Gegensatz zur landesüblich aufdringlichen Reklame für
chromglitzernde Straßenkreuzer mit allem erdenklichen Schnickschnack stellt die
Käferwerbung den Amerikanern ein simples Auto mit ehrlichen, bescheidenen Texten vor. Und
diese Aufrichtigkeit schlägt ein.
Im Juni stimmt der Deutsche Bundestag der Privatisierung des VW-Werks zu. 40 % der Anteile
an der neuentstandenen Aktiengesellschaft bleiben bei Bund und Land Niedersachsen, 60 %
werden als Volksaktien ausgegeben.
1961
Die Jahresproduktion übersteigt erstmals die Millionengrenze, d.h. die vierte und fünfte
Million werden erreicht.
Vor zwei Jahren noch völlig undenkbar: das lange von Öffentlichkeit und Werksingenieuren
geforderte neue Modell kommt heraus. Es ist der 1500er Stufenheck-Wagen ("Typ
3"). Er besitzt die bewährte Technik des Käfers.
Sofort wird die 1500er Maschine mit 45 PS auch in das konstruktiv entsprechend verstärkte
Karmann Ghia Coupé eingebaut. Die 1200er Karmann Ghia Coupé und Cabrio mit 34 PS
existieren weiterhin parallel.
Der Käfer selbst erhält ab Mai neue Zweikammer-Heckleuchten, ab Juli gibt es für das
Exportmodell eine Kraftstoffanzeige, der bei vielen erstaunlich beliebte Reservehahn
fällt seither weg.
Endlich ist auch der seit 11 Jahren laufende Prozeß um die in den Kriegsjahren
angesparten KdF-Wagen per Vergleich entschieden. Je nach Sparsumme gibt es vom VW-Werk bis
zu DM 600 Preisnachlaß bei Neukauf oder bis zu DM 100 als Barauszahlung.
1962
Dem Export-Käfer dieses Jahres wird nun auch ein Kunststoffhimmel beschert, nachdem in
früheren Jahren bereits die übrige Innenauskleidung zunehmend in PVC erfolgte. Der
Schiebedachgriff liegt zur Verringerung des Verletzungsrisikos jetzt ganz flach an und ist
ausklappbar; außerdem gibt es eine vollkommen neu konstruierte Heizung samt umfangreichen
Isoliermaßnahmen. Allerdings kommen diese Verbesserungen dem einfachen Standardmodell
nicht zugute.
Ergänzend zum 1500er Stufenheckmodell erscheint der 1500er Variant. Übrigens basieren
diese Modelle technisch auf der Käferkonstruktion. Sie verwenden den bewährten
Plattformrahmen mit Zentralrohr, luftgekühlten Heckmotor (jedoch zum Flachmotor
weiterentwickelt, der sich im unteren Teil des hinteren Kofferraums verbirgt) und die
Drehstabfederung der Achsen.
Mit dem 1millionsten Transporter ist ein weiteres Fertigungsjubiläum zu feiern.
Seinen Bedarf an Arbeitskräften kann das VW-Werk nur noch durch Gastarbeiter decken. Die
ersten sind aus Italien, wie 1938. Schon damals kamen Italiener zum Werks- und Stadtaufbau
an den Mittellandkanal. Sie stellen bis heute das größte Kontingent ausländischer
VW-Mitarbeiter.
1963
Das Volkswagenwerk ist das umsatzstärkste Unternehmen der Bundesrepublik und steht im
Autoexport an erster Stelle in der Welt. Trotzdem setzt man dieses Jahr 57 000 VWs weniger
ab als im Vorjahr. Es ist die Rede von Qualitätsmängeln, dazu kommt, daß die Konkurrenz
nicht schläft und komfortable Kleinwagen anbietet.
Beim Export-Käfer ist das als Sonderausstattung erhältliche Stoff-Faltdach passé, auf
Wunsch gibt es jetzt ein Stahlkurbeldach. Um amerikanische Sicherheitsvorschriften zu
erfüllen, werden die vorderen Blinkleuchten vergrößert, sie sitzen jetzt außerdem
weiter oben auf den Kotflügeln.
Statt Stoffbezügen kann der Kunde atmungsfähige Kunstlederbezüge für die Sitze
bestellen, die Hupe wird jetzt per Druckknopf betätigt, der entsprechende Halbring an der
Lenkradsäule fällt wieder weg.
Im 25. Jahr seines Bestehens blickt das Werk stolz auf die Zulassung der "Antarctica
1": das erste offiziell registrierte Auto auf dem 6. Kontinent ist ein Käfer.
1964
Neuer Modellname: Der "Standard" läuft jetzt unter dem Namen VW 1200 A und
erhält ab November endlich das beim Exportmodell längst übliche vollsynchronisierte
Getriebe. Bei allen Modellen werden die Scheiben vergrößert, dazu gibt es neue
Scheibenwischer.
Mit der Volkswagen de Mexico entsteht ein weiterer Produktionsbetrieb in Übersee. Daheim
wird das Werk Emden in Betrieb genommen, das mit seiner Hafenanbindung eigens für den
Export errichtet wurde. 80 Charterschiffe versehen den Transportdienst. Nach Übernahme
der Auto Union in Ingolstadt kann auch dieses Werk noch für die Montage von Käfern
genutzt werden.
Zwischen Sizilien und Kalabrien begibt sich ein umgebauter VW 1200 zu Wasser und
durchquert am 16. Juni die Straße von Messina.
1965
Der "Export" erhält einen neuen Namen - VW 1300 - und eine neue Maschine mit
1,3 Liter Hubraum / 40 PS. Dies zieht Änderungen beim VW Cabrio sowie den Karmann Ghia
Coupé und Cabrio nach sich: ab sofort sind sie ebenfalls 40 PS stark, außer es handelt
sich um die Modelle mit 1500er Motor / 45 PS. Auch der VW 1200 wird jetzt höher
motorisiert mit der 34 PS-Maschine des früheren Exportmodells angeboten.
Gerade passend zur Internationalen Automobilausstellung läuft am 15. September der
10millionste Volkswagen seit Kriegsende vom Band.
Als ganz auf die Bedürfnisse der Deutschen Bundespost zugeschnittene Spezialanfertigung
gibt es ab diesem Jahr den Kleinlieferwagen Typ 147, allgemein bekannt als
"Fridolin". Konstruktiv basiert er auf den VW-Typen 1 (Käfer), 2 (Transporter)
und 3 (1500er Modelle).
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